Kennst du das auch?

Du sitzt in einem großen Saal – full house

Der Vorhang fällt das Licht geht aus

Du weißt nicht was dich hier erwartet

Wortreiche Kunst mal sanft mal Klartext

Die Stimmung ist geladen knistert

Keiner im Raum der auch nur flüstert

Als der da vorne endlich losspricht

Da traust du deinen Ohren nicht

Die Worte zielsicher sie treffen dich schwer

Sie reißen dich mit im taumelnden Rausch

Du vergisst alles andre nichts zählt plötzlich mehr

Die Zeit steht still vergeht wie im Flug - Kennst du das auch?

Du kennst es nicht? Tja, dann hast du wohl mal wieder den alljährlichen Poetry Slam an unserer Schule verpasst, der am Montag, dem 06.03.23, zum siebten Mal und vor zahlreichem Publikum erfolgreich über die Bühne ging. Und obwohl ich – wie sooft schon vorher – auch letztes Jahr dachte, besser geht’s nicht, haben mich die Beiträge unserer Schülerinnen und Schüler erneut überrascht, begeistert, mitgerissen. Es war bemerkenswert, was für persönlichen Geschichten wir Zuhörenden lauschen durften: An ihren Gedanken zu den Fragen, wie das Leben zu planen sei, was sie erwarten sollte, ließ uns Hivi aus der 8G3 teilhaben, die es mit ihrem Text bei den „jungen Hüpfern“ (Klasse 5-8) auf’s Siegertreppchen schaffte. Eher unbeantwortet blieb die Frage „Und dann?“ von Josephine (8G3), inspiriert vom Scheitern einer Liebesgeschichte. Zweifel drückte auch Amro (8G1) aus, hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seinen Eltern und dem damit nicht immer zu vereinbarenden Credo „Ich will frei sein, ich will leben“. Bewegend, traurig und zugleich wunderschön waren die Texte von Matilda (9R1), Gedanken über eine wichtige Person, und Khadija (11G), die dem schulischen und gesellschaftlichen Druck, wohl stellvertretend für viele, mit den Worten Ausdruck verlieh: „Ich habe Angst, weil ich nicht weiß, was auf mich zukommt“. Mit diesem emotionalen Beitrag überzeugte sie sowohl Schüler- als auch Lehrerjury und trug bei den „Großen“ (Klasse 9-12) den Sieg davon. Unserem strengsten Juroren, Herrn Schuschel, entlockte jedoch ausschließlich Robyn (11G1) mit seinem sprachgewaltigen, unter die Haut gehenden, sehr persönlichen Text die höchste Wertung. Nach den letzten beiden Schulwettbewerben landete er damit erneut unter den ersten Dreien, genauso wie Erik (12G1), der auch schon in den Vorjahren überzeugte und diesmal, zusammen mit Khadija, die Konkurrenz hinter sich ließ. Obwohl sein Text über die Macht der Sprache fast völlig ohne Reim auskam, überzeugte er die Jury am meisten, unter anderem mit schwindelerregenden Versen, wie: „Deine Zunge das tödliche Werkzeug, /Dein Gehirn der Befehlsgeber/ Und du der Soldat“.

Neben all diesen tiefsinnigen Gedanken gab es natürlich auch dieses Mal wieder genügend Gelegenheit, den Kiefer zu lockern und die Lachmuskeln zu trainieren. Dafür sorgten Sema (8G1), Paula (8G3) und Sara (9G3, dritte Wettbewerbteilnahme), die sich allesamt auf humorvolle Weise mit ihrem Schulalltag auseinandersetzten, nicht ohne einige bitterböse – aber unterhaltsame - Spitzen loszulassen.

Bei all der Heiterkeit waren es aber doch die ernsten Texte, die die Veranstaltung prägten, sich dem Gedächtnis einprägten. Soleens (11G) Gedicht über die Flucht aus Aleppo, „Die Blumen meiner Kindheit“, berührte mit seiner poetischen Schönheit und Traurigkeit genauso wie der Text ihres Bruders Yamen (8G3), der nicht nur stilistisch hervorragend, sondern auch hervorragend vorgetragen war. „Stell dir vor, du isst, duschst und gehst anschließend ins Bett,/ Doch wirst mitten in der Nacht von bebenden Wänden geweckt“, mit diesen Worten begann sein eindringlicher Text in Gedanken an die Erdbeben in Syrien und der Türkei. Die Jury überzeugte er damit spielend und kletterte bei den „Kleinen“ so auf’s Treppchen. Niemand aber kam an diesem Nachmittag an Naemi (8G1) vorbei, die mit ihrer Liebeserklärung an den Hijab verbal gegen jegliche Vorurteile ausholte, die die Trägerinnen dieses Kleidungsstückes täglich zu hören bekommen: „Leben und leben lassen, schon mal was davon gehört?!?“, fasste sie es für alle diejenigen verständlich zusammen, die es immer noch nicht kapiert haben. Mit ihrem provokanten, leidenschaftlichen Text stahl Naemi nicht nur in den Augen der Jury allen die Show (Siegerin der „jungen Hüpfer“), nein, sie übertrumpfte auch alle „alten Hasen“ und sicherte sich zusätzlich den Publikumspreis.

Neben den vielen tollen Texten sorgte der Generationswechsel im Moderatorenteam für frischen Wind. Sieben Jahre lang hatte die ehemalige G1, der Abiturjahrgang 2022, den Wettbewerb organisiert und durchgeführt, nun treten unsere derzeitigen Achtklässler in ihre Fußstapfen. Amro und Jasmin (8G3) geleiteten uns kurzweilig durch das kunterbunte Programm, vor allem die Auseinandersetzung zwischen Amro und Herrn Schuschel zur Höhe der Bewertungen, die sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung zog, verursachte lachbedingte Bauchschmerzen.

Das Fazit dieses Nachmittags: Unsere kunterbunte Schülerschaft ist schon einmalig, nicht nur hinsichtlich der Herausforderungen, vor die sie uns täglich stellt, sondern auch dank all der schönen Momente, die sie uns bereitet und die unser Schulleben zu etwas Besonderem machen.

Danke an alle, die den Wettbewerb unterstützt haben: an Frau Redling für die intensive Vorbereitung, an alle unterstützenden Lehrkräften der Fachschaft Deutsch, an die Klassen 8G1 und 8G3 für die Durchführung, an unsere Hausmeister für die technische Ausstattung, an die witzigen Juroren sowie an das begeisterungsfähige Publikum.

Text von (AM)

Sieger „Junge Hüpfer“

1. Platz: Naemi Iwuala (8G1)

2. Platz: Yamen Saado (8G3)

3.Platz: Hivi Alkerro (8G3)

Sieger „Alte Hasen“

1.Platz: Erik Egler (12G) / Khadija Alali (11G)

2. Platz: Robyn Rosenkranz (11G)

3. Platz: Soleen Saado (11G)

Schülerjury:

Elin Al Issa (8G1)

Mendit Buzhala (8G3)

Joaquin Kalonji (8G3)

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